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Wie unsere Psyche das Körpergewicht beeinflusst

Karina Haufe • Aug. 17, 2021
Wenn Sie sich im Laufe Ihres Lebens schon einmal mit Ernährung oder Fitness jeglicher Form auseinandergesetzt haben, ist Ihnen der Begriff Adipositas bestimmt nicht mehr fremd. Kurz zusammengefasst gilt: Ab einem BMI (engl. Für „Body-Mass-Index“) von über 25 spricht man von Übergewicht. Der Wert 30 hingegen klassifiziert die Fettleibigkeit. Hierbei unterscheidet man die primäre Adipositas, deren Ursachen meist Bewegungsmangel und eine höhere Kalorienaufnahme als der Verbrauch sind und die sekundäre Adipositas. Diese Form ist durch ein hormonelles Problem bzw. eine Krankheit wie bspw. eine Schilddrüsenunterfunktion verursacht. Doch welchen Einfluss hat eigentlich unsere Psyche auf unser Körpergewicht und kann sich dieses auch ganz ohne körperliche Ursachen entwickeln?

Wie sich unsere Kindheit auf unser Gewicht und unseren Lebensstil auswirkt

Nicht ohne Grund sagt man, dass die Erfahrungen im Kindesalter prägend sind. Wenn es um unseren gegenwärtigen Körperzustand geht, lässt sich Einiges auf die Kindheit und die Erziehung zurückführen. Wie ist man aufgewachsen? Welche Essenskultur pflegten die Eltern? Wenn Sie sich von Geburt an oft von konservierten, nährstoffarmen Lebensmitteln ernährt haben und wenig bis gar keine Bewegung an den Tag legten, könnte dies die Ursache für einen langsameren Stoffwechsel sein. Generell sind es viele Faktoren, die in dieses Milieu hineinspielen, jedoch kann schlussendlich jeder für sich selbst entscheiden, wie er seinen späteren Lebensstil fortsetzt. 


Essen und Psyche – die emotionalen Hintergründe und die Bedeutung frühkindlicher Bindung für unser Essverhalten 

Oft hört man, dass es Wechselwirkungen zwischen der Psyche und Ernährung gibt. Doch die Hintergründe dazu - warum das so ist, woher das kommt - werden oft nicht beleuchtet. Denn das Essverhalten ist eine starke innere Prägung und lässt sich ganz einfach erklären. Schon als Embryo wird man von der Mutter über die Nabelschnur ernährt. Das heißt, entwicklungsgeschichtlich wird die Ernährung von der Mutter geprägt. Nach der Geburt sind wir weiterhin auf die Nahrung der Mutter angewiesen, die uns dann über ihre Brust in Form von Muttermilch zuführen. Ernährung hat also nicht nur die biologischen Komponenten, sondern ist auch immer an Zuneigung und Beziehung gekoppelt. Dabei kommt es zur körperlichen Sättigung sowie zu ersten Erfahrungen der Lust und sozialen Bindung. Somit ist anzunehmen, dass diese ersten Erfahrungen später die Ernährung beeinflussen und langfristig prägen.

 

Sättigungsmechanismen beim Säugling sind häufig eine Mischung aus Nahrungsaufnahme und der Nähe zur Mutter. Denn das erste Bedürfnis des Säuglings nach der Geburt ist die Befriedigung des Hungers an der Brust der Mutter. Das ist ein komplexes Geschehen. Das heißt, Sättigung ist nicht nur von der Magenfüllung abhängig, sondern auch davon, dass eine Befriedigung erfolgt ist.

 

Essen ist also immer stark an Emotionen gekoppelt. Das sieht man beispielsweise an psychischen Erkrankungen wie Depression oder Angsterkrankungen, die mit Appetitlosigkeit oder Appetitssteigerung einhergehen können. 


Übergewicht und Psyche – ein wechselseitiges Kontinuum

Menschen die übergewichtig sind, leiden auch heutzutage noch oftmals unter den Reaktionen der Außenstehenden, insbesondere dem sog. „Bodyshaming“. Sie werden für ihre Figur und parallel auch für ihren Lebensstil verurteilt. Daraus resultiert, dass sie sich aufgrund von Schamgefühlen zurückziehen bzw. verstecken. Meistens kommt es auch zu einer eigenen Abwertung, einer depressiven Stimmung und der Abnahme der Libido. Mit dem Sport anzufangen, wird demnach gar nicht in Erwägung gezogen – auch aus dem Grund, dass Betroffene Angst haben, etwas falsch zu machen und dann das Schamgefühl noch größer werden würde.

 

Die Psyche kann das Ganze noch verschlimmern. Eine Depression bspw. blockiert oftmals den eigenen Antrieb. Dies würde dann wiederum dazu führen, dass der oder die Betroffene sich weniger bewegt. Der Appetit kann größer werden, insbesondere das Verlangen nach etwas süßem „Belohnendem“, um Glücksgefühle und Befriedigung zu verspüren. 


Der Einsatz von Medikamenten bei psychischen Erkrankungen

Leider begünstigt der erforderliche Einsatz von Medikamenten in der Behandlung oftmals die Gewichtszunahme, indem der Appetit angeregt wird, der Stoffwechsel beeinflusst werden kann oder sich Wasser einlagert. Inzwischen gibt es über manch solcher Präparate schon einige Vorurteile unter den Leidtragenden, was teilweise zur Ablehnung der Medikamente führt. Ärzte empfehlen eine begleitende, unterstützende Ernährungsberatung, um Gelüste zu kontrollieren und das Gewicht beizubehalten bzw. zu verringern. Ernährungsberater:innen können individuelle Speisepläne zusammenstellen und die Klienten auch mental unterstützen. 


Körperschemastörungen

Neben einer „klassischen“ Adipositas gibt es auch sog. Körperschemastörungen, bei denen die Betroffenen ihren eigenen Körperzustand falsch wahrnehmen, indem sie sich selbst als fettleibig sehen. Dies entspricht nicht der Realität, jedoch sieht der- oder diejenige das nicht. Ein allseits bekanntes Beispiel hierfür wäre die Magersucht oder auch die körperdysmorphe Störung. 

Risiken und Folgen einer Adipositas

Immer mehr Menschen leiden unter Fettleibigkeit. Dies kann neben hohen Kosten zu Risiken für Herzinfarkt, Herz-Rhythmus-Störungen, Schlaganfälle, Diabetes und Nierenschäden führen. 


Personen, die unter dieser Krankheit leiden, haben in den meisten Fällen ein gestörtes Verhältnis zu Essen und können leichter an einer Essstörung wie der „Binge-Eating-Störung“ erkranken. In meiner Praxis behandle ich sowohl typische Essstörungen als auch atypische Störungen.

Therapiemöglichkeiten

Typische psychotherapeutische Ansätze gibt es nicht, da die Adipositas zunächst nicht als eine psychische Störung klassifiziert wird, sondern als eine Krankheit in der somatischen Medizin. Jedoch kann man die Gewichtsabnahme- oder stagnierung mit der empfohlenen medikamentösen Behandlung eigenständig oder mithilfe eines/einer Ernährungsberater:in unterstützen, indem man sich realistische Ziele setzt, lernt sein Essverhalten zu normalisieren und so in Balance kommt. Oftmals gibt es auch spezielle Angebote bzw. Kurse, in denen man langfristig und ohne „Jojo-Effekt“ Gewicht verlieren kann.

 

Es muss auch erwähnt werden, dass es durchaus Medikamente gibt, die einen Gewichtsverlust fördern. Diese sollten jedoch nur in Betracht gezogen werden, wenn die Gesundheit aufgrund des Gewichts schwerwiegend gefährdet ist, da sie viele unschöne Nebenwirkungen mit sich bringen. Auch eine Magenverkleinerung, durch die das Hungergefühl verringert wird, wäre eine Option, die man in Erwägung ziehen könnte.

Alltägliche Strategien zur Gewichtsreduktion

Den Allermeisten sind Aspekte wie eine gesunde, vollwertige, abwechslungsreiche Ernährung mit möglichst wenig konservierten Lebensmitteln, einer ausreichenden Wasserzufuhr, die Integration von Sport oder Bewegung allgemein und sieben bis acht Stunden Schlaf pro Nacht bekannt.


Weitere „Tricks“, die sich bewährt haben, wären: Keine Crash-Diäten führen und auch nicht zu Diät-Produkten greifen. Diese befriedigen das Hungergefühl nämlich oftmals nicht und können auf langfristige Sicht deshalb nicht zum versprochenen Erfolg führen. Zudem sind sie meist nicht gerade nährstoffdicht. Eine „Schritt-für-Schritt“-Ernährungsumstellung ist hierbei viel sinnvoller.


Ein weiterer Tipp wäre, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren, indem man beispielsweise beim Einkaufen das Auto auf dem vom Supermarkt am weitesten entfernten Parkplatz parkt. Auch der Sport in Gruppen hilft, sich zu motivieren und Spaß an Bewegung zu haben. Schauen Sie doch hierzu einmal gerne in unsere Bewegungsangebote wie Nordic Walking, Yogakurse oder auch kostenfreies Cityhiking auf www.ernaehrung-bewegung-muenchen.de/workshops-gruppen.

Fühlen Sie sich betroffen?

Falls Sie sich beim Lesen dieses Artikels in einem oder mehreren Aspekten wiederfinden konnten, ziehen Sie therapeutische Hilfe in Erwägung. In meiner Praxis biete ich die kognitive Verhaltenstherapie und auch die lösungsfokussierte Kurzzeittherapie an, in denen ich Sie zur Selbsthilfe anrege und wir gemeinsam Strategien zur Problembeseitigung finden. 

Ein paar Fragen zur Selbstreflektion

  • Ist Ihr BMI im Bereich von 30 oder darüber und machen Sie sich deswegen Sorgen?

  • Fühlen Sie sich nach Mahlzeiten unwohl und überessen?

  • Fehlt Ihnen der Antrieb zur täglichen Bewegung?

  • Leiden Sie unter Kontaktverlust, da Sie sich aufgrund Ihres Erscheinungsbildes zurückziehen?

Wenn Sie auf mehr als zwei Fragen mit „Ja“ geantwortet haben, bieten wir Ihnen gerne an, sich zu diesen Themen von uns fachkundig beraten zu lassen und Ihnen zu helfen. Schreiben Sie uns gerne eine unverbindliche Nachricht.


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Quellen

Alexander, Jan (2016, 26. Dezember) Psyche und Ernährung [Podcast]. Castbox. https://castbox.fm/episode/PC036-Psyche-und-Ernährung%3A-zur-Bedeutung-des-Essens-id1966705-id119851666?country=de


Pospiech; Schunke; Amler; Bollmann; Hermann; Kromer, Stefan; Marion; Julian; Phillip; Ismene; Sebastian (2021, 25. Januar) Das Körpergewicht und die Psyche [Podcast]. Castbox. https://castbox.fm/episode/Das-Körpergewicht-und-die-Psyche-id1444258-id348011417?utm_campaign=a_share_ep&utm_medium=dlink&utm_source=a_share&country=de


Filbert, C. (2020). Meine Adipositas-OP: Wie ich es geschafft habe, ein neuer Mensch zu werden und wie auch Ihnen das gelingt (1. Aufl.). TRIAS.


Högemann, A., Körner, R., Antwerpes, F. & Hircin, E. (2018, 16. April). Dysmorphophobie. DocCheck Flexikon. https://flexikon.doccheck.com/de/Dysmorphophobie


Römer, C. (2018, 29. Januar). Was sagt der Body Mass Index (BMI) aus? BMI-Rechner.net. https://www.bmi-rechner.net/



Wolf, D. (2011). Übergewicht und seine seelischen Ursachen: Wie Sie Schuldgefühle überwinden und dauerhaft schlank werden (GU Mind & Soul Textratgeber) (3. Aufl.). Gräfe und Unzer Verlag.

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